Warum ich ein Macbook Air zurückgegeben habe

31.07.2015 12:00
ca. 6 Minuten Lesezeit

Zuerst einmal: Ja, ich hatte wirklich ein Macbook. Ein Air. Vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen. Ich dachte mir: »Wenn die anderen Menschen ausschließlich nur schwärmen, verweigerst du dich einfach mal nicht länger, vielleicht kann es dich ja doch überzeugen und du hast Apple immer nur Unrecht getan.«

Konnte es nicht.

Zuerst mal alles was gut war:

  1. die Akkulaufzeit

Und das war’s dann auch schon

Ansonsten hat mich dieses Gerät nur in meiner Arbeit behindert:

  1. nur einen Displayport-Anschluss – 2003 hat angerufen, die wollen ihre spartanischen ausgestatteten Laptops zurück haben (ja, die Macbook Pro haben mehr Anschlüsse, hatte ich aber nicht)

  2. Adapterhölle – man läuft quasi immer mit einem Schwung Adapter und Verteiler durch die Gegend, weil Apple sich nicht in der Lage sieht, da mehr als 2 USB-Anschlüsse an das Gerät zu bauen. Mein altes/wieder aktuelles Gerät hat 6 davon. Endlich die Kopfhörer und den Trackball nicht mehr durch die Tastatur schleifen müssen.

  3. Alles ist auf Mausbedienung ausgelegt – Ich bin kein Eclipse-Entwickler, ich will nicht mit der Maus programmieren. Warum also ist dieses Menü da oben nicht sinnvoll mit der Tastatur ansprechbar? Nein, als Workaround wird immer empfohlen, sich die Shortcuts aller Funktionen zu merken. Wenn ich Photoshop benutze, will ich aber nicht die Maus brauchen, um in’s Filter-Menü zu kommen und für > 60 Filter alle Shortcuts merken? Nein, danke!

  4. Die Menüleiste oben ergibt keinen Sinn, so völlig abgetrennt vom Programm. Das ist, als könnte ich mein Auto, welches in der Garage steht, nur vom Wohnzimmer aus starten und bedienen, aber nicht, wenn ich drin sitze. (Mag ich bei Ubuntu Unity übrigens auch nicht, deshalb nutze ich dort Gnome.)

  5. Wenn ich die letzte Shell schliesse (Ctrl+D), schliesst sich nicht die Software selbst. Mit Cmd+Tab durchswitchen zeigt mir immer noch, dass die Software gestartet ist. Mir ist es persönlich scheiss egal, ob das ein grundsätzliches Verhalten ist, aber wenn ich den letzten Tab schliesse, möchte ich auch, dass die Software dann beendet ist. Cmd+Q nochmal drücken zu müssen ist enorm mühselig. Und dass ich immer einen Finder in der Liste habe, obwohl ich kein Fenster der Software offen habe, nervt. Kann man auch nicht mal schließen/beenden.

  6. Wo wir schon beim Finder sind – gibt es einen noch schlechter zu bedienenden Filemanager? Wenn man mit Zerr&Plumps Dateien verschieben möchte, kann man die nicht auf einen Ordner zerren, der dann aufklappt, sodass man dann einen Unterordner auswählen kann. Es wird empfohlen, einfach ein zweites Fenster zu öffnen.

  7. Fenster selbst sind auch der größte Hazzle, den man einem User so antun kann. Selbst mit Windows kann ich Fenster an den Rand eines Bildschirms ziehen und sie ordnen sich entsprechend nebeneinander an.

  8. Minimierte Fenster kann man mit einem Cmd+Tab nicht wieder De-Minimieren.

  9. Multiple Fenster der gleichen Software muss man mit einer gesonderten Tastenkombination ansprechen, statt sie fix über den gewohnten Workflow (Ja, schon wieder Cmd+Tab) auswählen zu können. Man muss erstmal die richtige Software erwischen, um dann umzugreifen und das passende Fenster zu finden. Mit der Maus ist dieses Problem noch komplexer zu lösen.

  10. Bleiben wir bei der Tastatur: Es gibt keine Insert-Taste. Im VIM kann ich aus dem Insert-Mode eigentlich direkt mit Druck der Insert-Taste in den Replace-Mode springen. Ohne diese Taste muss ich erst Escape und dann R drücken.

  11. Keine Home- und End-Tasten (Pos1 & Ende). An der Position dieser eigentlich sehr nützlichen Tasten liegen Tasten, die ein sehr willkürliches Verhalten an den Tag legen. Man springt damit, wenn man sich in einem Web-Eingabeformular befindet erst nach ganz oben bzw. unten auf der Seite und bei einem zweiten Drücker am Ende des Feldes. Die Tastenkombination Cmd+Pfeiltasten Links/Rechts sind keine Option. Die Tasten für diese Funktion sind ganz bezahlt, dann kann man sie auch so benutzen, also contextbezogen. Wenn ich einem Eingabefeld bin, ist der logische Flow, dass ich an den Anfang/das Ende der Zeile springe. Wenn ich in keinem Eingabefeld bin, dann an den Anfang/das Ende der Seite.

  12. Dialoge lassen sich nicht sinnvoll mit Tastatur bedienen. Oft muss man gefühlte hundert Mal Tab drücken, bevor man an die richtige Position kommt.

  13. Enter im Finder öffnet nicht die Datei, sondern benennt sie um. Welcher Hornochse denkt sich denn sowas aus? Ich bin schon mühselig zur Datei gekommen und muss sie mit Cmd+Pfeiltaste runter öffnen. Gleiches gilt für Verzeichnisse.

  14. Die Spaltenansicht im Finder ist die einzige Möglichkeit, eine sinnvolle Vorschau für Bilder zu bekommen.

    • Diese Spaltenansicht ist hässlich und alles andere als intuitiv.
    • Ich muss jedes Bild einzeln auswählen um die Vorschau zu bekommen, da die Thumbnails vor der Datei so Mini-Fetzen sind, dass man darauf mal gar nix erkennt.
    • Die Vorschaubilder in der Nicht-Spalten-Ansicht sind auch zu klein, um zu erkennen, um welches Bild es sich wirklich handelt.
    • Mit Space kann man sich eine groß anschauen, durchnavigieren geht mit der im Finder grad aktiven Ansicht. Im Spaltenmodus also mit Pfeiltaste runter. In der Normalansicht, muss man Pfeiltastenbingo spielen. Da bei einem Pfeiltaste-Rechts am rechten Rand einer Zeile dieser nicht in die nächste Zeile geht, sondern stehen bleibt, darf man die Bilder auch gerne anders sortiert angucken.
    • Am Ende braucht man wieder irgendein Tool, um seine Bilder sinnvoll mit einer Vorschau zu sichten.
  15. Kein Sperren des Bildschirms mit Tastatureingabe. Und Windows: Windowstaste+L, unter Linux und Chrome OS: Ctrl+Shift+L/Ctrl+Alt+L, unter Mac: eine Hot Corner für die Mausbedienung einrichten, die den Bildschirmschoner startet, der dann hoffentlich bei der nächsten Bewegung einen Sperrbildschirm zeigt, wenn man ihn so einstellt. Das kann doch nicht deren Ernst sein, oder? Es gibt Firmen, da gibt es Abmahnungen, wenn man seinen Arbeitsplatz verlässt, ohne den Bildschirm zu sperren. D.h. wenn der Kollege neben mir grad röchelt und ich den Krankenwagen rufen muss, muss ich erst mal meine Maus vom entferntesten Bildschirm in die richtige "heiße Ecke" schieben, bevor ich ihm helfe. Eine Tastenkombination lässt sich scheinbar nicht mit Hausmitteln einstellen.

  16. Man richtet das System erstmal tagelang ein. Selbst bei Windows braucht man nicht so viele Zusatztools, um alltägliche Aufgaben, in angemessener Effizienz zu bewältigen. Zum Glück arbeite ich eh in der Cloud und brauchte nur Chrome installieren. Aber dann kam halt diverser Kleinkram, da ich mir sonst ständig die Finger brechen musste, um weitermachen zu können, wie z.B. noch ein Tool, um die Mausbeschleunigung zu korrigieren.

  17. Überhaupt ist das System nicht dafür konzipiert, mit Nicht-Apple-Hardware zu arbeiten. Mein “Das Keyboard” funktionierte zwar, aber die Features der F-Tasten waren damit nicht ansteuerbar. Mein Trackball funktionierte auch, brauchte aber wie gesagt erstmal ein Tool, um die Beschleunigung zu korrigieren, sonst wäre es quasi unbenutzbar geworden.

  18. Die scharfen Kanten vor der Handballenauflage des Macbook Air waren dann auch noch der letzte Punkt, der mich wirklich genervt hat. Entweder waren meine Hände nicht in einer Normgröße oder die Designer wussten nicht, dass es Menschen gibt, die lieber tippen, statt auf dem Trackpad zu arbeiten.

Überwiegend waren es also nur Software-Probleme, die mich dazu zwangen, das Gerät zurückzugeben, also alles Dinge, die einfach zu korrigieren wären, aber wenn ein Betriebssystem mich dazu zwingen will, ineffizient zu sein, kann ich überhaupt nicht mehr freundlich bleiben.

Tschüß MacOS, war mir eine Freude, dich hoffentlich nie wieder zu sehen!


Hier gibt es keinen Kommentarbereich. Hast du etwas zu kommentieren? Dann blogge einfach selbst. Oder schreib darüber mit deinem Kommentar in einem sozialen Netzwerk deiner Wahl.